Emblematisches Duell Rüegg vs. Yao: FCZ – Lugano Analyse

Am Wochenende hatte St. Gallen eine halbe Stunde lang gegen den FCZ das Spiel so dominiert gehabt, dass sich manche fragten, wie die Ostschweizer diese Partie verlieren konnten. Am Ende verzeichnete der FCZ aber ein klares Chancenplus und aus dieser Warte war der Auswärtssieg logisch. Analog erlebten die Zuschauer im Letzigrund eine intensive Zürcher Druckphase in der halben Stunde nach der Pause, welche den FCZ am Ende als logischen 1:0-Sieger erscheinen liess. Nur: gemäss Expected Goals-Statistik hatte Lugano in dieser Partie insgesamt die besseren Torchancen gehabt. Der FCZ konnte zwar doppelt so viele Abschlusschancen zu verzeichnen, wie in St. Gallen, als man 4:0 gewann, aber die Chancen waren in der Summe viel weniger vielversprechend. Nun fliessen im Ansatz hervorragende Möglichkeiten, die nicht zu einem Abschluss führen (wie beispielsweise die Szene, in welcher Lugano-Keeper Baumann den Ball fallen lässt) nicht in die Expected Goals-Statistik ein. Ebensowenig „Fahrradkette“-Diskussionen wie „hätte er doch Schönbi angespielt, der war links ganz frei“. Substanziell ändert dies aber nichts am Befund.

Die 0:4-Heimniederlage im Letzigrund gegen den gleichen Gegner zum Saisonauftakt lief in vielerlei Hinsicht ähnlich. Nur traf damals Aratore mit einem Sonntagsschuss ins Netz und diesmal Sabbatini nur die Latte. Der FCZ erzielte zudem auf einen Standard das erste Tor, während damals Lugano in grosser Hitze von einem geschenkten Penalty zum 0:1 profitierte. Gravierende Fehler im Zürcher Spiel gab es auch diesmal. So leitete beispielsweise Kevin Rüegg mit einem Fehlpass in der 28. Minute die Szene zum Pfostenschuss von Eloge Yao ein. Bei diesem machte sich Yanick Brecher im Eins gegen Eins nicht wirklich breit und hatte Glück, dass Yao durch die entstehende Lücke nicht das Tor traf. In der 77. Minute war Yanick Brecher gegen Yao ein zweites Mal bereits geschlagen, aber diesmal rettete an Stelle des Pfostens Becir Omeragic vor der Linie (Michael Kempter wäre dahinter ebenfalls noch bereitgestanden). Auch in dieser Szene hatten beim FCZ unverständlicherweise Sohm, Janjicic und allen voran Rüegg „geschlafen“, als Lavanchy mit einem Bogenball von Lovric gefährlich hinter die Abwehr angespielt worden war.

Rüegg, Janjicic und Sohm schalten ab, während Lavanchy einen Ball quer durch den Fünfmeterraum spielt

Omeragic musste nach der Kopfballabwehr angeschlagen ausgewechselt werden. Zuvor hatte bei einem Freistoss Tosin einen schärferen und aus kürzerer Distanz geschossenen Ball von Gerndt in der Mauer mit der Stirn geblockt. Kevin Rüegg ist aktuell der Spieler mit den grössten Leistungsschwankungen innerhalb eines Spiels. Er setzte gleich zu Beginn mit seinem Engagement und Kampfgeist wichtige Zeichen. In der Rückwärtsbewegung konnte er hingegen immer wieder froh sein, dass Nathan ihm in vielen Situationen tatkräftig zur Seite stand. Das Duell Rüegg gegen Yao war emblematisch für die Partie. In der Ersten Halbzeit standen die Lugano-Aussenspieler, speziell Yao, sehr hoch, und banden Rüegg und Kempter etwas zurück. In der Zweiten Halbzeit war es dann eher umgekehrt. Luganos situativ ständig zwischen 3-5-2 und 4-4-2 hin- und herwechselnde Formation vermochte im zweiten Durchgang die Räume nicht mehr so konsequent zu schliessen, auch weil beim FCZ in der ganzen Mannschaft mehr Bewegung im Spiel war.

Das Duell Rüegg gegen Yao war emblematisch für die Partie

Wie schon in Bern und St. Gallen ersichtlich, hat der FCZ die Corona-Pause ganz offensichtlich genutzt, um das Pressing zu verbessern und die Gegenstrategien gegen die stärksten Waffen der Ligagegner zu verfeinern. Ein Beispiel dafür war das Verhalten der Innenverteidiger Omeragic und Nathan in der Angriffsauslösung Luganos. Die beiden Stürmer Gerndt und Janga beteiligten sich nicht am kompakten Defensivblock der Tessiner und warteten an der Mittellinie auf Gegenstossmöglichkeiten. Der FCZ nahm dabei das potentielle Risiko eines zwei gegen zwei auf sich. Omeragic und Nathan antizipierten Luganos Konterauslösungen speziell über den Schlüsselspieler Gerndt gut und folgten in diesen Situationen den beiden Stürmern in enger Manndeckung, um zu verhindern, dass diese sich drehen und einen entscheidenden Steilpass oder Seitenwechsel spielen konnten.

Zu den Zürcher Offensivwaffen gehören nach der Corona-Pause neuerdings die Standards. Nachdem der FCZ jahrelang bei den „Set pieces“ so gut wie nichts zustande gebracht hatte, erzielte man nun schon zum dritten Mal in Folge ein Standardtor. Marco Schönbächler, der für den gesperrten Benjamin Kololli fast alle Stehenden Bälle trat, brauchte bei Eckbällen neun Versuche, aber einer davon, der spielentscheidende, kam ideal auf den Kopf von Marchesano, nachdem die Haupttribüne mit „Schönbi! Schönbi!“-Rufen just vor diesem Corner den Zürcher Flügelspieler aufgemuntert hatte. Es war das erste Tor gegen Lugano nach mehr als zehn Stunden Spielzeit. Ein weiterer Trumpf ist aktuell Michael Kempter, welcher sich gegen Lugano im Vergleich zum St. Gallen-Spiel noch weit häufiger offensiv einschalten konnte und zur Zeit einfach „funktioniert“.

Am anderen Ende der Skala befindet sich unter anderem Blaz Kramer, welcher in allen Rückrundenspielen eine ungenügende Züri Live-Note erhalten hat. Mit seinen vielen Ballverlusten und verlorenen Zweikämpfen, gerade auch in der Luft, ist er eher eine Hypothek im Zürcher Aufbauspiel, und wenn der Slowene dann zusätzlich auch noch seine eine Topchance, die er pro Spiel bekommt, nicht nutzt, wird es schwierig. Tosin liess so viele Chancen ungenutzt wie noch nie. Ähnlich wie bei Rüegg war sein Auftritt gegen Lugano ein grosses Auf und Ab. Am Ende liess man den Nigerianer minutenlang hinkend weiterspielen, bevor es mit seinem Rechten Knie überhaupt nicht mehr weiter ging. In der 78. Minute kam der 19-jährige Henri Koide zu seinem Super League-Début. Die Einwechslung hätte schon in der 73. Minute erfolgen sollen, wurde dann aber durch Marchesanos Tor um fünf Minuten verschoben. Das Team insgesamt kommt auf einen Notenschnitt von 6.0, womit zum ersten Mal in dieser Saison in drei Spielen hintereinander „die Sechs steht“ (YB 6.1, FCSG 6.3).

78. Minute: Henri Koide kommt zu seinem Super League-Début

FC Zürich – Lugano 1:0 (0:0)
Tore: 73. Marchesano (Schönbächler) 1:0.
FCZ – Brecher; Rüegg, Nathan, Omeragic (78. M. Kryeziu), Kempter; Sohm (78. H. Kryeziu), Janjicic; Tosin (90.+2 Domgjoni), Marchesano (78. Koide), Schönbächler; Kramer (60. Winter).
Lugano – Baumann; Kecskes, Maric, Daprelà; Lavanchy, Selasi (78. Lungoyi), Yao (90. Jefferson); Lovric (90. Covilo), Sabbatini; Janga (78. Holender), Gerndt (67. Bottani).

(Bilder: Züri Live, RSI Standbild)


Nathan, der Heisse – FCZ entzaubert St. Gallen erneut mit Kampfgeist und Kontern

Letzte Saison hatte der FCZ gegen St. Gallen vorwiegend gute Spiele abgeliefert, aber trotzdem nur zwei Punkte geholt. Nun hat sich dies gedreht: drei Siege in Folge von Ludo Magnins Team gegen Peter Zeidlers Mannen, und dies obwohl die Ostschweizer ansonsten ihre beste Saison seit Jahrzehnten spielen. Was sich wie ein Roter Faden durch diese Partien zieht, ist, dass der FCZ den Hochtempo-Fussball der Grün-Weissen für sich zu nutzen weiss – wie bei einem Tanzpartner, der gut zu einem passt. Die St. Galler lassen dem Gegner kaum Zeit zum Überlegen und dies kommt dem FCZ entgegen, der in den letzten Jahren immer wieder dann besonders schlecht gespielt hat, wenn er zu viel Zeit zum Überlegen hatte und sich vom Gegner „einlullen“ liess.

Die St. Galler lassen dem Gegner kaum Zeit zum Überlegen und dies kommt dem FCZ entgegen

Sich einem mit hohem Tempo agierenden Gegner an die Fersen heften und dann über den Kampf ins Spiel finden, hat in den letzten Jahren nicht nur gegen St. Gallen (Stichworte: Cupfinal YB, Leverkusen) häufig gut geklappt. Das spielerische Element ist sowieso da – um aber auch das notwendige kämpferische Element aus der Mannschaft herauszukitzeln, braucht es häufig eine anspruchsvolle Aufgabe. In den drei Duellen mit St. Gallen hat die Mannschaft von allen Partien abgesehen von der 0:4-Heimniederlage gegen den FCB klar am meisten Top-Defensivaktionen gehabt (79, 72, 77).

FCSG – FCZ Züri Live Matchstatistiken

Herausragend in dieser Hinsicht der wieder ins Team zurückgekehrte Nathan mit gleich 19 Top-Defensivaktionen, was auch gemessen am Schnitt des Brasilianers von 10 Top-Defensivaktionen pro Partie hoch ist. Nathan war der Fels in der Brandung gegen einen Gegner, der einen Grossteil seiner Energie in die ersten 30 Minuten legte und in dieser Phase das Spiel dominierte. Die im ganzen Spiel wichtigste Aktion war Nathans Rettungstat schon nach etwas mehr als einer Minute im Laufduell mit Demirovic, als er den mit Entschlossenheit rechts Richtung nahen Pfosten stürmenden Bosnier an Grinta noch überbot. Mit grosser Wahrscheinlichkeit wäre da ansonsten schon früh das 1:0 für St. Gallen gefallen. Vor Nathan sorgte der aufmerksame Hekuran Kryeziu für zusätzliche Stabilität.

Simon Sohm wärmt sich in der Pause auf

Der FCZ hatte sich zudem gut auf verschiedene Spezialitäten eingestellt. Zum Beispiel der St. Galler Eigenheit, nach dem Anstoss den Gegner mit Tempo durch die Mitte zu “überrollen“, stellte das Letzigrund-Team jeweils eine gestaffelte Phalanx von vier Mann gegenüber. Gleich nach Wiederanpfiff konnte so Simon Sohm als vierter Mann dieser Phalanx den Ball abfangen und den schnellen Gegenstoss gegen die hinten offenen St. Galler einleiten, der um ein Haar zum 2:0 durch Blaz Kramer wenige Sekunden nach der Pause führte.

FCZ-Phalanx erwartet nach einem Anstoss den St. Galler Angriff durch die Mitte

Oder bei einem Freistoss in Strafraumnähe des zur Zeit ligabesten Freistoss- und Weitschützen Jordi Quintilla, als sich Marco Schönbächler in einem Spreizschritt hinter die Mauer kniete, wodurch diese kollektiv aufspringen und damit die abgedeckte Gesamtfläche vergrössern konnte.

Marco Schönbächler ist bei Freistoss Quintilla für das „Untergeschoss“ zuständig

St. Gallen konnte in der ersten halben Stunde das Spiel aber nicht nur wegen dem eigenen keine 90 Minuten durchzuhaltenden Energieaufwand dominieren, sondern auch, weil beim FCZ viele Spieler zu behäbig in die Partie gestartet waren. Namentlich von Toni Domgjoni, Benjamin Kololli oder Blaz Kramer kam viel zu wenig. Sinnbildlich für Domgjonis mentale und physische „Abwesenheit“ war die Szene, als er sich gar von einem Spieler wie Jérémy Guillemenot im Zweikampf wegdrücken liess. Dass unter diesen Umständen speziell Nathan und Hekuran Kryeziu das Team trotzdem zusammenhalten konnten, war eine Parforceleistung. St. Gallen hatte in der Ersten Halbzeit trotz klarer Überlegenheit nur einen Expected Goals-Wert von 0,7. Die Ostschweizer kamen kaum zu guten Torchancen. Von 24 Schüssen der ganzen Partie fanden nur zwei den Weg Richtung Gehäuse von Yanick Brecher, der trotz grosser St. Galler Angriffslust fast schon einen geruhsamen Abend verbrachte, da die ansonsten typische Effizienz diesmal bei den Grünweissen nicht vorhanden war.

Erste Gratulanten zu Kolollis 3:0

Der FCZ hat hingegen, seit Benjamin Kololli in der Coronapause diesbezüglich „der Knopf aufgegangen“ ist, seit Jahren endlich wieder mal einen starken Standardschützen. In St. Gallen ging der FCZ in der 31. Minute entgegen dem Spielverlauf durch Blaz Kramer nach einem sehr guten Corner Kolollis in Führung. Zwar hatten Kololli und Kramer in den ersten 28 Minuten nichts zustande gebracht, aber unmittelbar vor diesem Eckball hatten beide ihre ersten gelungenen Aktionen gehabt, nachdem Kololli mit Tosin erstmals die Seiten getauscht hatte. Der grösste Unterschied zum 3:1-Sieg gleichenorts im Dezember war, dass der FCZ diesmal in der Zweiten Halbzeit die bessere Mannschaft war, und ein klares Chancenplus zu verzeichnen hatte. Vor Weihnachten war St. Gallen bis kurz vor Schluss am Drücker gewesen und der FCZ konnte erst dank stark erhöhtem Risiko St. Gallens ab der 70. Minute die Entscheidung herbeiführen. In beiden Partien konterte das Letzigrund-Team schnell und konsequent. Man sorgte speziell diesmal bei den vielen langen Bällen für eine hohe Präsenz am und im gegnerischen Strafraum. Dem eingewechselten Mimoun Mahi gelangen mit Steilpässen und Seitenverlagerungen drei Assists zu den Toren der Zweiten Halbzeit. Das Chancenverhältnis lag Ende der Partie klar auf Seiten des FCZ, wenn auch nicht im Bereich von 4:0. Insgesamt hatte der FCZ diese Saison nur in der November-Siegesserie gegen Sion, Luzern und Xamax ein vergleichbares Expected Goals-Verhältnis wie jetzt mit 2.53 : 1.11 in St. Gallen.

40. Minute: Handspiel von Benjamin Kololli auf der Strafraumgrenze

Im Verlaufe der Partie schaffte es der FCZ zeitweise hinten kompakt zu stehen. Selbst Benjamin Kololli arbeitete fleissig nach hinten mit, hatte aber bei einer solchen Aktion am eigenen Strafraum Glück, dass nicht auf Handspenalty für St. Gallen entschieden wurde. In Bezug auf Schiedsrichter Fähndrich rieb man sich als jahrelanger FCZ- und Liga-Beobachter verwundert die Augen und wähnte sich in einem Paralleluniversum. Nachdem dieser seit Jahren zu den drei Schiedsrichtern gehört, die im Zweifelsfall konsequent gegen den FCZ zu pfeifen scheinen, am stärksten in Partien gegen YB und Luzern, regte sich mit St. Gallen erstmals zu Recht ein FCZ-Gegner über seine Entscheidungen auf. Neben Kolollis Aktion hätte sicherlich Hekuran Kryeziu in mindestens einer von zwei Foulaktionen Gelb sehen müssen und in der Schlussphase wurde ein Handspiel vor dem Strafraum von Michael Kempter nicht gepfiffen – ein ähnliches von Vincent Rüfli auf der anderen Seite hingegen schon.

Die Kommunikation und Ordnung scheint sich beim FCZ verbessert zu präsentieren. Nachdem der FCZ begann, konsequent lange Bälle in die Tiefe zu spielen, war Aiyegun Tosin ab der 56. Minute voll in seinem Element und erzielte nach einem sauberen Tackling von Nathan am eigenen Strafraum gegen den eingewechselten ehemaligen FCZ-Junior André Ribeiro und dem schnellen Gegenstoss über Hekuran Kryeziu und Mahi das 2:0. Der Nigerianer feierte den Treffer mit einer kleinen Provokation gegenüber den während der ganzen Partie schon eine kurze Zündschnur aufweisenden 700 St. Gallen-Fans, was diese zusätzlich auf die Palme brachte und gemäss einem später publizierten Video einen davon zu einem rassistischen Ausruf verleiten liess, den auf dem Platz aber niemand mitbekam.

FCSG – FCZ Züri Live Match Performance

Der FC Zürich konnte im Kybunpark auch von der besser besetzten Ersatzbank und der verletzungsbedingten Auswechslung Yannis Letards kurz nach der Pause profitieren. Marco Schönbächler beispielsweise überzeugte erstmals seit längerer Zeit vor allem defensiv. Ausserdem zogen St. Galler Leistungsträger wie Hefti oder Quintilla einen ihrer weniger guten Tage ein. Auf Zürcher Seite vermochte Michael Kempter seinen ordentlichen bis guten Auftritt von Bern in St. Gallen noch zu toppen. Dass der FCZ links mehr Stabilität ausstrahlt als rechts, hat man lange nicht mehr gesehen. Es fing bei den im Vergleich mit seinem Pendant Rüegg besseren Einwürfen an, und setzte sich fort mit disziplinierterem Verteidigen sowie dynamischen Vorstössen über die Seite und durch die Mitte. Der FCZ gewann in St. Gallen 4:0 mit einer Ballbesitzquote von gerade einmal 37%. Was nicht aussergewöhnlich ist: drei der vier Saisonsiege gegen Spitzenteams (2x St. Gallen, 1x Basel) erreichte Zürich mit einer Ballbesitzquote von 30-40%. Das Erfolgsrezept jeweils? Defensive Stabilität, Kampfgeist, schnelle Konter und Nathan in der Startaufstellung.

Schlussresultat im Kybunpark

St. Gallen – FC Zürich 0:4 (0:1)
Tore: 31. Kramer (Kololli) 0:1; 64. Tosin (Mahi) 0:2, 86. Kololli (Mahi) 0:3, 90.+1 Tosin (Mahi) 0:4.
St. Gallen – Zigi; Hefti, Stergiou, Letard (47. Fabiano Alves, 67. Bakayoko), Rüfli (67. Muheim); Quintilla; Görtler, Ruiz (85. Staubli); Guillemenot (46. Ribeiro); Demirovic, Itten.
FCZ – Brecher; Rüegg (88. Britto), Nathan, Omeragic, Kempter; Tosin (82. Janjicic), H. Kryeziu, Domgjoni (46. Sohm), Kololli (87. Winter); Marchesano (60. Mahi), Kramer (60. Schönbächler).

Nur noch ein halbes Geisterspiel in St. Gallen

(Bilder: Züri Live, Standbilder Arena Sport / Teleclub)

Kramer stürmt! FSCG – FCZ Aufstellungen im Detail

Nach einem halben Jahr reist der FCZ wieder nach St. Gallen. Das Wetter ist anders und der Rahmen auch, aber die Tabellensituation ist gar nicht so anders. Damals hätte St. Gallen mit einem Heimsieg gegen das Letzigrund-Team Wintermeister werden können. Dies wurde durch Tore von Schönbächler, Marchesano und Tosin vereitelt. Dazwischen hatte beim 3:1 Jordi Quintilla per Penalty zum zwischenzeitlichen Ausgleich getroffen. Mittlerweile hat sich die Situation der Grünweissen sogar noch verbessert. Voraussichtlich würden sie selbst nach einer Niederlage auf dem Leaderthron bleiben. Der FCZ will hingegen seinen ersten Rückrundensieg holen. Gegen einen am Wochenende in Sion sehr stark gestarteten Gegner, welcher aber dem Magnin-Team zuletzt immer gelegen hat.

Beim FCZ kehrt wie erwartet Nathan nach seiner kleinen „Quarantäne“ für den gesperrten Mirlind Kryeziu zurück ins Team. Dazu hat sich Trainer Magnin an die letzte Partie hier in St. Gallen erinnert, in welcher der FCZ mit Kontern erfolgreich war und bringt den schnellen Blaz Kramer von Anfang an. Benjamin Kololli rückt für Marco Schönbächler auf den linken Flügel. Aufgrunddessen dass es zum Beginn des Restarts in die Meisterschaft ausnahmsweise für den FCZ beinahe eine Woche Pause zwischen zwei Partien gegeben hat, war es noch nicht notwendig viel zu rotieren. Mimoun Mahi kehrt zudem ins Kader zurück.

Beim FC St. Gallen kehrt nach dem 2:1-Auswärtssieg in Sion Innenverteidiger Yannis Letard in die Startelf zurück – Betim Fazliji ist gesperrt. Ansonsten spielt auch bei den St. Gallern, die eine um 39 Tore (und 16 Punkte) bessere Bilanz als der FCZ haben die Formation vom 24. Spieltag. Auf der Ersatzbank sitzen mit André Ribeiro und Miro Muheim zwei ehemalige FCZ-Junioren.

„Bitte keine Überzahl!“ – Saison-Recap, 1. Teil

Auf zuerilive.ch begann die Saison mit einer Neuerung: die Analyse der Spiele wurde nochmal stark ausgebaut und rund 20-30-minütige Videopodcasts zu jedem Spiel produziert. Dieses Setting musste nach der fünften Partie gegen St. Gallen aus Zeitgründen vorläufig wieder aufgegeben werden. Auch wenn es im Dezember nach dem 0:5 zu Hause gegen Servette nochmal zu einem weiteren Video-Podcast kam. Dank dem spontanen Entscheid im Sommer konnten Erfahrungen mit dem Format gesammelt werden. Klar ist: neben den üblichen Vorschauen, Live-Übertragungen, Interviews, Audio-Zusammenschnitten der Spiele, Analyse-Artikeln, Pre-Match Artikel zu den Aufstellungen, News, allgemeinen Themen, Testspielen, Organisation etc. auch noch zu jedem Spiel einen Video-Podcast zu erstellen, würde das Projekt Züri Live praktisch zu einem full-time Job machen, was es im ersten Monat der Saison dann auch war.

Für die Zukunft ist als realistischere Variante angedacht: eine monatliche oder zweimonatliche Gesprächsrunde in Form einer Live-Sendung, welche danach sowohl als Audio-Podcast wie (unterlegt mit Statistiken und Bildern) auch als Video-Podcast publiziert wird. Zum Ende der Hinrunde und zu Beginn der Rückrunde wurden die Spiele dann wieder im Detail analysiert und wie in den letzten Jahren üblich Analyse-Artikel publiziert. Dazwischen gab es aber 14 Wettbewerbsspiele, die aus Zeitgründen nicht analyisiert werden konnten. Diese Lücke in den Züri Live-Daten soll nun geschlossen werden, bevor es mit Fussball wieder weitergeht. Erinnert Euch somit nochmal zurück an die verschiedenen Phasen der Vorrunde und die Entwicklung des Teams…

Durch neu verpflichtete Spielertypen wie Mimoun Mahi, Blaz Kramer oder Denis Popovic verschob sich das Stärken-/Schwächen-Profil des Teams noch mehr in Richtung „Kontermannschaft“, was sich im Verlauf des heissen Sommers unter anderem in den Testspielen exemplarisch zeigte. Mehr denn je hatte der FCZ nun eine Mannschaft, deren Offensivleute im Spiel mit dem Ball Platz brauchen. Den fanden Kramer in der Regionalliga und Mahi in der Eredivisie, wo die Teams der unteren Tabellenhälfte im Vergleich zur Super League defensiv nur mässig gut organisiert auftreten, zur Genüge vor. Popovic hatte bereits in Orenburg in einer erfolgreichen Kontermannschaft gespielt. Ähnlich wie Antonio Marchesano kann der Slowene als Ballverteiler in so einem Team aufblühen. Gegen ein Offensiv-Pressing gegen kompakt agierende Gegner sprach zudem die eher niedrig entwickelte Laufstärke der Zürcher Offensivreihe.

Mit Nathan kam nach den Abgängen von Alain Nef und Andreas Maxsö ein Mentalitätsspieler für die Innenverteidigung. Ein weiterer Innenverteidiger wurde nicht verpflichtet, weil der FCZ grosse Stücke auf das ein Jahr zuvor verpflichtete Talent Becir Omeragic hält und somit das Quartett zusammen mit Umaru Bangura und Mirlind Kryeziu komplett war. Dass Willie Britto „erst“ mit 22 Jahren den Weg aus der Ivorischen Liga nach Europa zum FCZ fand, zeigt, dass er nie zu den grossen Talenten seines Landes gezählt hatte. Dafür bringt er viel Wucht in seinen Aktionen und einiges an Abgeklärtheit mit. Mit der Verpflichtung des spielerisch starken Vasilije Janjicic wollte man mit einer Rückholaktion auch einmal selbst von der eigenen Ausbildung profitieren und solche Spieler nicht immer nur der Konkurrenz überlassen. „Hilfreich“ waren dabei sicherlich die Schlagzeilen, die Janjicic in Hamburg neben dem Platz geliefert hatte. Damit wurde er im Gegensatz zu anderen FCZ-Talenten im Ausland für den Stadtclub erschwinglich und der Spieler selbst empfand die Rückkehr zum FCZ als einen persönlichen Schritt nach vorne.

Ganz entgegen der Erkenntnisse aus den Testspielen lief der FCZ dann aber im ersten Saisonspiel im Letzigrund gegen Lugano bei brütender Hitze den Gegner hoch an. Speziell Denis Popovic, welcher nicht die ganze Vorbereitung hatte mitmachen können, rückte jeweils zu spät auf seine Position, was die konterstarken Tessiner (Schlussresultat: 0:4) jeweils gnadenlos ausnutzten. Erschwerend kam hinzu, dass das speziell bei diesen Temperaturen wichtige erste Tor aufgrund eines unrechtmässigen Penaltys (Schwalbe Sabbatini) zustande gekommen war. Beim zweiten Spiel in Luzern (0:0) stand der FCZ deutlich tiefer als in der ersten Partie und kam auf diese Art und Weise einem Auswärtssieg nahe. Der FCZ hielt dabei gegen einen Gegner, mit dessen physischen Qualitäten man in den letzten Jahren häufig Probleme gehabt hatte, kämpferisch gut dagegen und liess kaum eine gegnerische Torchance zu. Drei erfolgsversprechende Umschaltsituationen wurden von Ref Klossner wegen angeblicher Foulspiele zu Unrecht unterbunden – und Marco Schönbächler blieb mit einem tollen Weitschuss der Lucky Punch knapp verwehrt.

In Sion (1:3) erhielt der FCZ beim Stand von 1:1 in der 71. Minute die Chance zum 2:1-Führungstreffer, aber der in der Vergangenheit über die Sion U21 den Sprung in den Profifussball schaffende Benjamin Kololli verschoss den (eher glücklich zugesprochenen) Penalty. Auch von der anschliessenden numerischen Überzahl (Unsportlichkeit des den Penalty „verursachenden“ Abdellaoui) konnte der FCZ nicht profitieren – im Gegenteil. Die Zürcher suchten aufgrund der Überzahl den Auswärtssieg zu hektisch-überhastet und verloren so die Partie durch zwei Treffer des ehemaligen GC-Juniors Kasami.  Gegen Xamax (2:2) hatte der FCZ genau wie in Sion numerische Überzahl und die besseren Torchancen. Schönbächler erzielte zudem zum ersten Mal seit einem Jahr wieder einmal ein Tor. Man vergab aber kurz vor Schluss durch ein „Tor des Jahres“ von Gaëtan Karlen die drei Punkte – auch weil (durch Mimoun Mahi) wie in Sion erneut ein Penalty verschossen wurde. Gegen das von seiner Spielweise her dem FCZ liegende St. Gallen kommt es im fünften Spiel dann zum ersten Saisonsieg (2:1). Böse Zungen behaupten, dass dieser nur zustande kam, weil Zürich nach dem Platzverweis des übermotivierten ehemaligen FCZ-Juniors Miro Muheim (der beim „Rückspiel“ vor der Winterpause zudem den frühen Führungstreffer des Stadtclubs ins eigene Netz ablenkte) nicht lange in Überzahl spielen „musste“, weil kurz darauf Mirlind Kryeziu ebenfalls Gelb-Rot sah. Vor allem aber vermochte man sich gegen den hoch pressenden Gegner gut hintenheraus zu lösen und dann die sich auftuenden Räume mit erfolgreichen Kontern zu nutzen.

 

Hier gehts zu Teil 2: „Not macht erfinderisch“

Hier gehts zu Teil 3: „Simon Sohm erobert Stammplatz“

Mirlind Kryeziu mit guten Ansätzen im Mittelfeldzentrum / Testspielstatistik nach Kriens – FCZ

Auch das dritte „Corona-Testspiel“ konnte der FC Zürich beim SC Kriens für sich entscheiden. Der Rhythmus der Partie war eher beschränkt, das Letzigrund-Team blieb aber rund 60 Minuten lang zumindest relativ fokussiert. Mirlind Kryeziu machte seine Sache nach der Pause auf der Sechserposition als Sohm-Ersatz gut, während Pa Modou etwas weniger überzeugend auf der Innenverteidigerposition agierte, bis das Zürcher Spiel am Ende stark abflachte.

SC Kriens – FCZ 2:4 (0:3)

Tore: 23. Mahi (Tosin) 0:1, 28. Tosin (Winter) 0:2, 35. Mahi (Kramer) 0:3,; 48. Kololli (Mahi) 0:4, 63. Abubakar 1:4, 81. Teixeira 2:4.

SC Kriens: Brügger (46. Osigwe); Elvedi, Fäh (46. Urtic), Berisha, Busset (46. Mijatovic); Sadrijaj, Yesilcayir (64. Alessandrini); Follonier (46. Siegrist), Teixeira, Dzonlagic (64. Hoxha); Abubakar (64. Tadic).

FCZ:  Brecher (46. Vanins); Winter (46. M. Kryeziu), Nathan (46. Bangura), Omeragic (46. Pa Modou), Pedersen; Rüegg, H. Kryeziu (46. Janjicic); Tosin (46. Kololli), Mahi, Schönbächler (46. Marchesano); Kramer.

Seiler und Koide drängen sich auf / zweiter “Corona-Testspielsieg“ / Wil – FCZ 1:4

Nach dem 5:0 in Luzern gewinnt der FCZ auch den zweiten “Corona-Test“ – diesmal 4:1 beim FC Wil. Der Stadtclub ging diesmal im Gegensatz zur Partie in der Innerschweiz nicht mehr beinahe ein “Super League-Tempo“. Die Partie im Bergholz gegen den Challenge League-Sechsten gestaltete sich in der Ersten Halbzeit ausgeglichen, mit wenig Torchancen auf beiden Seiten, wobei der FCZ hauptsächlich mit Konterangriffen für Gefahr sorgte. Kurz nach der Pause schnappte sich Blaz Kramer vom zu wenig handlungsschnellen ehemaligen FCB-Junior Dominik Schmid den Ball, umspielte Torhüter Zivko Kostadinovic und schob zur erstmaligen Zürcher Führung ein. Schon in der 18. Minute war es Schmid gewesen, der nach einem lautstarken Protest von FCZ-Trainer Magnin wegen eines falsch angezeigten Einwurfes nicht bei der Sache war und den Ball in der eigenen Spielhälfte an Kololli verlor, welcher in der Mitte den freistehenden Tosin bediente.

In der 12. Minute hatte Valon Fazliu den FC Wil in Führung gebracht. Schon im Cup war dem 24-jährigen ehemaligen GC-Junior in der 16. Minute auf der gleichen Seite der 1:0-Führungstreffer gegen den FCZ gelungen. Umaru Bangura hatte in der Situation für Adi Winter auf der rechten Zürcher Abwehrseite aushelfen müssen, die Hereingabe von Kwadwo Duah aber nicht mehr verhindern können. Winter bekam den aus dem YB-Nachwuchs stammenden Wiler Offensivmann während der Ersten Halbzeit nicht in den Griff. Statistik am Rande: der FCZ hat in dieser Saison in Testspielen bereits 21 Spieler auf den beiden Aussenverteidigerpositionen eingesetzt! Benjamin Kololli agierte in den ersten 45 Minuten erneut auf der Mittelstürmerposition und machte da seine Sache besser, als nach der Pause, als der Waadtländer wieder auf den Flügel wechselte. Vasilije Janjicic hatte hier in Wil Mitte September seinen ersten Wettbewerbseinsatz seit seiner Rückkehr zum Stadtclub gehabt, vermochte sich an gleicher Stätte im Test aber trotz 90 Minuten-Chance nicht aufzudrängen.

Einen positiven Eindruck hinterliessen auf der Rechten Seite Stephan Seiler (19) und Henri Koide (18). Seiler war der zielstrebigste Spieler beim FCZ und Koide zeigt schon seit Monaten eine hohe Konstanz. Spieler, die wie Koide nie unter ein gewisses Niveau fallen, gibt es ansonsten beim FCZ zur Zeit kaum. Und falls Trainer Magnin Kevin Rüegg weiterhin im Mittelfeld einplant, wäre zum aktuellen Zeitpunkt Seiler wohl im Vergleich mit Winter die bessere und vielseitigere Option auf der Bank. In den letzten 30 Minuten liess der FC Wil aufgrund der Wechsel stärker nach, als der FCZ und so kamen die Gäste aus der Limmatstadt bei Kontern noch zu zwei weiteren Treffern. Kramer lenkte knapp nicht in Offsideposition einen zweiten Abschlussversuch Kempters nach Zumberi-Vorarbeit ins Netz, und Kempter setzte sich gut ab und traf per Kopf, nachdem mit Seiler endlich mal ein Zürcher eine präzise Flanke in den Strafraum gebracht hatte. Der 25-jährige Linksfuss Kempter hatte trotz seiner zwei Skorerpunkte einen durchzogenen Einsatz auf dem linken Flügel.

FC Wil – FCZ 1:4 (1:1)

Tore: 12. Fazliu (Duah) 1:0, 18. Tosin (Kololli) 1:1; 46. Kramer 1:2, 87. Kramer (Kempter) 1:3, 90.+1 Kempter (Seiler) 1:4.

FC Wil: Kostadinovic; Rohner (46. Celant), Dimitriou, Schmid (59. Wörnhard), Schäppi (46. Kamberi); Ismaili (46. Abedini), Muntwiler (46. Ndau); Bosic, Fazliu (59. Ismaili), Duah (59. Paunescu); Silvio (46. Padula).

FCZ: Vanins (46. Brecher); Winter (46. Seiler), Bangura, M. Kryeziu, Pa Modou (46. Pedersen); H. Kryeziu (46. Domgjoni), Janjicic; Tosin (46. Kramer), Marchesano (61. Zumberi), Schönbächler (71. Koide); Kololli (71. Kempter).

 

 

Wizard of Oss – ein entschlossener Lette genügt, um FCZ-Sieg zu verhindern (FCZ – Xamax 1:1 Analyse)

„Tor gehört zur Hälfte Simon Sohm“: FCZ – Xamax Highlights
„FCZ links zu passiv“: FCZ – Xamax Kommentare

Gegen Neuchâtel Xamax wurde es wie üblich ein enges Spiel ohne Niederlage für den FCZ. Bei Xamax feierte der 19-jährige Franzose Leroy Abanda sein Profi-Début. Trotzdem war die Startformation der Neuenburger im Vergleich zum FCZ mit 29,6 vs. 24,4 Jahren im Schnitt mehr als fünf Jahre älter. Bemerkenswert gegen Xamax: der FCZ hatte zwar mehr Ballbesitz, erzielte seinen Treffer aber erneut durch einen Konter – wie fast alle Tore der letzten Wochen und Monate. Ausserdem suchte das Team von Trainer Magnin viel die Tiefe: es wurden rekordhohe 21 Steilpässe gespielt. Die Partie war von beiden Seiten fehlerbehaftet. Die Züri Live-Durchschnittsnote ist im fünften Rückrundenspiel mit 4,5 zum dritten Mal ungenügend (Luzern: 4,5, Sion: 5,2, Basel: 5,6, Servette: 4,2). Umaru Bangura, der zuletzt eine richtiggehende Wiedergeburt zu erleben schien (in Sion bester Zürcher und auch gegen Basel zusammen Mirlind Kryeziu und Marco Schönbächler einer der besten drei) war in Genf Ersatz und nun gegen Xamax gar nicht mehr im Kader. Sein Ersatz Becir Omeragic spielte gegen Xamax deutlich ungenügend. Schon seit jeher (auch bei den Junioren) das grösste Manko des 18-jährigen ist sein Zweikampfverhalten, welches speziell in entscheidenden Umschaltsituationen zu zögerlich ausfällt.

Auch verschätzte sich der Innenverteidiger mehrmals bei Flankenbällen. Zum Glück für den FCZ vermochten Nuzzolo, Ramizi und Co. von diesen Fehlern nicht zu profitieren. Ebenfalls etwas Glück hatte Zürich, dass Ref Lionel Tschudi in der Ersten Halbzeit Marchesano und Sohm die nach ihren Foulspielen durchaus fällige Gelbe Karte nicht zeigte. Auf der anderen Seite wurden dem FCZ nicht weniger als drei klare Eckbälle verwehrt. Diese hätten allerdings wohl wenig geändert, denn bei Standards bleibt man weiterhin eines der zwei harmlosesten Teams der Liga. Auch mit Marco Schönbächler ist dies nicht besser geworden. Die besten noch verbliebenen Standardspezialisten im Verein wurden in der Winterpause wegtransferiert (Denis Popovic) oder ausgeliehen (Izer Aliu), weil sie aus dem Spiel heraus (noch) nicht genügten. Nach seinem «Spiel zum Vergessen» in Genf, war es wichtig, dass Simon Sohm auch im darauffolgenden Match das Vertrauen ausgesprochen wurde. Zwar ging es nicht gut los mit einer Startviertelstunde, die stark an Genf erinnerte, dann vermochte sich der junge Zürcher Mittelfeldspieler aber mit einem gelungenen Steilpass auf Tosin selbst aus dem Loch zu ziehen und agierte in der Folge solide mit mehreren gelungenen Aktionen nach vorne, und lieferte zusätzlich die entscheidende Vorarbeit zum 1:1-Ausgleich.

Nachdem Tosin in Genf in den ersten 75 Minuten nach einem harzigen Start in die Rückrunde klare Aufwärtstendenz gezeigt, diesen guten Eindruck aber in der Schlussviertelstunde vermasselt hatte, wurde der Nigerianer diesmal nach 81 Minuten ausgewechselt, und war bis dahin der beste Mann im FCZ-Dress – dies im Gegensatz zu seinem «Zwilling» Blaz Kramer. Dessen Tor gegen Xamax zum 1:1 kann nicht verbergen, dass trotz bereits schlechtem Rückrundenstart die Talsohle seiner Leistungskurve noch nicht erreicht ist. Gegen an diesem Abend im Vergleich zu Begegnungen der letzten Jahre deutlich weniger gefährliche Neuenburger hätte der FCZ im Normalfall einen ungefährdeten ersten Rückrundensieg einfahren müssen. Dafür hätte aber unter anderem dessen Slowenischer Stürmer nicht fast alle der im Ansatz zahlreichen vielversprechenden Situationen falsch einschätzen dürfen. Beispielsweise spielte Pa Modou mehrere gute Bälle hinter die Abwehr, deren Flugbahn Kramer nicht lesen konnte. Dazu hatte auch Marco Schönbächler einen schlechten Tag. Der eingewechselte Mimoun Mahi hingegen brachte sofort Schwung und erhält seit langer Zeit wieder einmal eine gute Note (7).

Wie schon im August erzielt auch diesmal wieder Innenverteidiger Marcis Oss das erste Xamax-Tor des Spiels im Letzigrund und das Spiel endet ebenfalls unentschieden. Das Gegentor entstand auch wegen einer beim FCZ weit verbreiteten «Krankheit» im Abwehrverhalten. Holt ein Gegenspieler zum Schuss aus, springen die Weissen hoch, häufig eher alibimässig, nicht mal in der Schusslinie, und drehen sich ab, um die Körperfläche möglichst zu verkleinern. Nicht die Verhinderung eines Gegentores, sondern der persönliche Schutz vor einem scharfen Ball scheint im Vordergrund zu stehen. Da beim Abschluss von Ramizi von der Strafraumgrenze, welcher via Marcis Oss in der linken Torecke landet, Marco Schönbächler und Willie Britto aktivistisch hochspringen, haben sie keinen Bodenkontakt und können nicht auf die unkonventionelle Richtung des Schusses und den Ablenker von Oss reagieren. Yanick Brecher macht zudem seinerseits ebenfalls eine aktivistische Bewegung in die falsche Richtung, und reagiert zu spät auf den Abschluss von Oss.

Beim Ausgleich in der 26.Minute durfte der FCZ wieder auf die Schützenhilfe seines ehemaligen Juniors Arbenit Xhemajli zählen. Schon im letzten Frühling hatten die Fehler des heute 21-jährigen Innenverteidigers, der sich ansonsten zuletzt auf Super League-Niveau immer solider präsentiert hat, dem FCZ gegen Xamax zwei Mal eine Wende und sechs äusserst wichtige Punkte ermöglicht. Auch diesmal köpfte er zuerst im Mittelfeld den Ball in die Füsse von Simon Sohm und ermöglichte diesem einen Umschaltmoment. Nachdem im Anschluss daran Geoffroy Serey Dié Sohm mit Ball am Fuss «freie Fahrt» gelassen hatte, weil er überzeugt war, dass dieser einen Pass spielen wird, verliess mit Xhemajli ausgerechnet der einzige der drei Innenverteidiger, der in diesem Moment einen Gegenspieler hatte, seine Position, um Sohm anzugreifen, und ermöglichte so Blaz Kramer ebenfalls freie Bahn zum 1:1. Aus dem FCZ stammende Profis wollen es ganz offensichtlich gegen ihren Stammklub immer speziell gut machen. Das Resultat von diesem Bemühen ist aber unterschiedlich. Während beispielsweise ein Christian Fassnacht oder zuletzt in Sion ein Filip Stojilkovic sich gegen das Letzigrund-Team jeweils zu einer Bestleistung pushen können, gehört Xhemajli offensichtlich zu denjenigen Ehemaligen, die es «zu gut» machen wollen und dadurch entscheidende Fehler begehen.

In Bezug auf die Expected Goals-Statistik ist das Endresultat von 1:1 logisch – Xamax liegt bei den Torchancen mit 0,9:1,02 Expected Goals sogar leicht vorne. Dies allerdings auch, weil die eigentlich grösste Torchance des Spiels in der 70. Minute, als der Ball frei vor dem leeren Xamax-Tor liegt, offiziell nicht als Torchance zählt, weil es dabei zu keinem Abschluss kommt. Wenige Sekunden nach seiner Einwechslung schickt Mahi nach seinem ersten Ballkontakt Blaz Kramer in die Tiefe. Dieser zögert vor Xamax-Keeper Laurent Walthert wie häufig in diesen Situationen einen Tick zu lange. Der Ball prallt Richtung Fünfmeterraum und liegt wie auf dem Präsentierteller zum Einschieben ins verlassene Gehäuse bereit. Obwohl der Weg zum Ball sowohl von Tosin wie auch von Kramer nicht weiter ist, schafft es der von seinen viel zu zögerlich zurücklaufenden Teamkollegen im Stich gelassene Xamaxien Marcis Oss nicht nur vor den beiden Zürchern am Ball zu sein, sondern sich anschliessend sogar noch am Ball um 180 Grad zu drehen (!) und diesen aus der Gefahrenzone wegzuspedieren, bevor die beiden FCZ-Offensivleute eingreifen. Der beim FCZ häufig fehlende unbedingte Torhunger könnte kaum besser illustriert werden wie in dieser Szene, in der, auch eine FCZ-Spezialität, eine Zwei gegen eins-Überzahl eher zu einem Nachteil wurde. Tosin schien etwas zu lange zu zögern, weil er Kramer den Vortritt nicht nehmen wollte, und dieser agierte ungeschickt. Der nach einer Verletzungspause erstmals wieder von Beginn weg eingesetzte Xamax-Torschütze Oss wurde nur zwei Minuten nach dieser Rettungstat ausgewechselt, weil er am Ende seiner Kräfte war. Der „Man of the match“ ein Lette , und auch der beste FCZ-Spieler ein mit einer Lettin liierter ehemaliger Offensivspieler von Ventspils: es war vor den Augen des langjährigen Nationaltorhüters Andris Vanins auf der FCZ-Bank ein Lettischer Abend im Letzigrund.

FCZ – Xamax 1:1 (1:0)

Tore:  6. Oss (Ramizi) 0:1, 26. Kramer (Sohm) 1:1.

FCZ: Brecher; Britto, Nathan, Omeragic, Pa Modou; Sohm, Domgjoni; Tosin (81. Kololli), Marchesano (69. Mahi), Schönbächler (88. Winter); Kramer.

Xamax: Walthert; Neitzke, Oss (72. Djuric), Xhemajli; Gomes, Serey Dié, Abanda (80. Seydoux); Mveng, Ramizi; Nuzzolo, Karlen (86. Haile-Selassie).

(Standbilder: Teleclub)

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