Wie spielt der FCZ unter Bo Henriksen? Auf welchen Positionen herrscht Handlungsbedarf? Eine Zwischenanalyse

Im Fussball gibt es die verschiedensten taktischen Varianten, aber letztendlich werden immer wieder zwei Grundphilosophien einander gegenübergestellt. Die Ballbesitzphilosophie geht davon aus, dass man bessere Chancen hat, ein Tor zu erzielen, wenn man mehr den Ball hat als der Gegner – was häufig mit kontrolliertem Aufbauspiel und einer tiefen Fehlpassquote in Verbindung gebracht wird. Das Gegenstück dazu ist schnelles Umschaltspiel. Durch schnellere und damit riskantere Pässe und Ballmitnahmen verliert man häufiger den Ball unmittelbar nach Ballgewinn gleich wieder. Wenn man aber durchkommt, sind die Torchancen im Schnitt gefährlicher, da die gegnerische Abwehr entblösster ist, wenn man schnell und direkt spielt. Unter André Breitenreiter war der FC Zürich mit schnellem Konterfussball häufig aus einer zurückgezogenen Position sehr erfolgreich. Nachfolger Foda wollte mehr Ballkontrolle.

Das Konzept von Bo Henriksen in der Saison 23/24 entspricht aber weder dem einen noch dem anderen. Es handelt sich um eine dritte Philosophie. Wie unter Breitenreiter hat der FCZ auch unter Henriksen tendenziell weniger lange den Ball, als der Gegner – aber aus anderen Gründen. Der fCZ spielt im Gegensatz zur Meistersaison 21/22 überhaupt keinen Konterfussball. Das 3:1 Bledian Krasniqis in der 100. Minute gegen YB war nach 18 Wettbewerbs-Partien das allererste Kontertor. 22/23 hatte man in 50 Wettbewerbspartien 11 Kontertore erzielt, 21/22 in 39 Spielen 14 Kontertreffer. Für Henriksen 23/24 ist hingegen nicht in erster LInie entscheidend, wer den Ball hat – sondern wo sich dieser befindet.

Der Ball soll sich so lange wie möglich in der gegnerischen Platzhälfte befinden. Dies erhöht aus der Sicht von Henriksens Philosophie die Chance, dass der FCZ mehr Tore als der Gegner erzielt. Dies wird einerseits durch ein gutes Hohes Pressing in der gegnerischen Platzhälfte erreicht. Wenn der Ball hingegen in der eigenen Platzhälfte ist, will man ihn da möglichst schnell raushaben und spielt daher hohe Bälle von der Verteidigungs- in die Mittelfeldzone. Ein grosser Vorteil bei dieser Spielweise ist, dass man mit Yanick Brecher den fussballerisch wohl besten Torhüter der Liga in den eigenen Reihen hat. Eher ein Nachteil ist, dass vorne kopfballstarke Zielspieler zur adäquaten Verarbeitung dieser Bälle eigentlich fehlen. Man behilft sich mit “Workarounds“ wie lange Zeit zu Beginn der Saison, als Boranijasevic häufig die Position mit LIndrit Kamberi (“nur“ 1,83m, aber gut in der Luft) tauschte und dieser von Brecher mit dem hohen Ball rechts vorne an der Seitenlinie angespielt wurde. Wenn dieser Punkt im Winter durch eine interne oder externe Lösung noch verbessert werden könnte, würde das Henriksen-Konzept offensiv noch besser funktionieren.

Defensiv funktioniert es schon jetzt hervorragend. Bis dato hat der FC Zürich in den 18 Wettbewerbsspielen noch kein einziges (!) Gegentor aus einer tiefen Position erhalten. Kein Gegner hat es bis heute auch nur ein einziges Mal geschafft, den FCZ hinten reinzudrücken oder via Pressing / Gegenpressing aus dem Spiel heraus ein Tor zu erzielen. Selbst hat man hingegen schon sieben Pressing- und zwei Gegenpressingtore direkt aus dem Spiel heraus erzielt. Und da man den Ball möglichst lange in der gegnerischen Platzhälfte hält, kommt man dort auch zu mehr Standards. Und bei diesen ist der FCZ diese Saison bisher stark – noch vermehrt, seit Adrian Guerrero von seiner Verletzungsunterbrechung wieder zurückgekehrt ist. Die Standards werden variantenreich und gleichzeitig so unkompliziert wie möglich ausgeführt. Schliesslich soll der Gegner verwirrt werden, und nicht die eigenen Mitspieler. Andere Super League-Mannschaften versuchen immer wieder denselben Trick. Beim FCZ hat jeder Standard einen einzigen, aber häufig entscheidenden neuen Kniff, auf den der Gegner nicht vorbereitet ist.

Der tiefe Ballbesitz des FCZ ergibt sich hingegen einerseits dadurch, dass sich der Ball häufig in der gegnerischen Platzhälfte befindet. In der gegnerischen Platzhälfte hat man den Ball im Schnitt weniger lange, als in der eigenen. Der zweite Grund ist, dass der FCZ in dieser Saison meistens in Führung ging. Treffen zwei sich einigermassen auf Augenhöhe befindliche Teams aufeinander, hat die in Führung liegende Mannschaft normalerweise weniger Ballbesitz. Neben einem Zielspieler vorne für Brechers hohe Bälle wäre ein solider, schneller und technisch starker Innenverteidiger der wohl noch wichtigere mögliche Neuzugang im Winter. Die Verteidiger in der Dreierabwehr haben mit dem Henriksen-Fussball bisher am meisten Mühe und bei Züri Live die tiefsten Noten. Nikola Katic beispielsweise fühlt sich so hoch an der Mittellinie sichtlich unwohl, irrt immer wieder mal ziellos über den Platz und kommt sowohl in den Luftduellen als auch in der Rückwärtsbewegung zu spät.

YB STELLT SICH TAKTISCH SELBST EIN BEIN / FCZ – YB ANALYSE

Kantonsderby Verschoben! Schwierige Witterungsbedingungen haben Tradition / Winterthur – FCZ VORSCHAU

Direktbegegnungen im Überblick (dbfcz)

Zum ersten Kantonsderby der Saison kamen 19’000 Zuschauer und das zweite ist schon länger ausverkauft. Spezielle Witterungsbedingungen in Winterthur? Das erinnert an das “Nebelspiel“ in der Challenge League-Saison. Zuletzt hat der FCW trotz phasenweise guter Leistungen gegen YB, St. Gallen und Luzern drei Mal in Folge verloren. Matteo Di Giusto war wohl auch aus verständlichen persönlichen Gründen nicht mehr ganz so gut in Form, spielte aber bisher trotzdem jeweils von Anfang an. Die offensive Stärke von Winterthur besteht weiterhin in Eins-gegen-Eins Situationen, Doppelpässen und flachen oder halbhohen Hereingaben von der Seite des Strafraumes, der mit viel Präsenz bevölkert wird. Goalie Marvin Keller und Captain Luca Zuffi sind gesetzt.

Wer ersetzt beim FCW Mittelfeldspieler Jankewitz?

Da Roman Buess Mühe hat, sich gegen starke Super League-Gegner durchzusetzen, spielt in der Regel Aldin Turkes in der Spitze. Für den auf der Doppelsechs ausfallenden Alexandre Jankewitz gibt es drei Varianten: der zuletzt nicht wirklich überzeugende Thibault Corbaz erhält eine weitere Chance, Remo Arnold rückt von der Innenverteidigung wieder auf seine Stammposition im Mittelfeld, oder der technisch versierte Randy Schneider beginnt auf dieser Position, auf welcher er zuletzt schon häufiger bei Rückstand in der Schlussphase einer Partie agiert hat. Schneider ist auch eine Alternative für Di Giusto oder Ballet. Rückt Arnold ins Mittelfeld, könnte in der Innenverteidigung U21-Captain Loris Lüthi zum Zug kommen. Er war schon in St. Gallen für Schmid eingewechselt worden. Auf den Aussenverteidigerpositionen wechseln sich zur Zeit die Paare Sidler / Diaby und Gantenbein / Schättin ab, und werden auch häufig während einer Partie füreinander eingewechselt.

Beim FCZ gibt es deutlich weniger Fragezeichen. Falls Silvan Wallner ausfällt, wären Mirlind Kryeziu und Marc Hornschuh die Alternativen.

Vorschau letztes Kantonsderby: WARUM SPIELWEISE UND AUSRICHTUNG DES NEUEN FCW DEM FC ZÜRICH ENTGEGENKOMMT

Analyse letztes Kantonsderby: OFFENSIVQUALITÄTEN VON MATHEW, MARCHESANO UND CONCEIÇÃO ENTSCHEIDEN DAS KANTONSDERBY

NEF UND FORTE FÜHREN FCZ ÜBER ZIELLINIE DER 1.SAISONETAPPE: FCW – FCZ TORE, STATS & SPIELINFOS

FCW VS. FCZ: MEHR ALS EIN KANTONSDERBY – GESCHICHTE, EINDRÜCKE, ATMOSPHÄRE UND METEO-BERICHT VON ZÜRI LIVE

Lugano harmlos, Guerrero macht den Unterschied / Lugano – FCZ Analyse

NEUES STURM-DUO FÜR DEN FCZ? / LUGANO – FCZ VORSCHAU (Züri Live)

Zweiter 3:0-Sieg gegen Lugano – allerdings ganz anders zustande gekommen als der erste. Der Heimsieg im Letzigrund war gegen ein Lugano, das damals mit zwei Siegen in die Saison gestartet war, einer der besten FCZ-Auftritte der bisherigen Saison. Im Cornaredo traf man nun aber auf ein äusserst ersatzgeschwächtes, vom Europacup müdes und vor allem vorne wenig potentes Lugano. Das Aufbauspiel der Tessiner von hinten heraus war zwar gut durchdacht. Der FCZ hatte lange Mühe mit dem Tessiner Dreieraufbau, Roman Macek übernahm überraschenderweise die Rolle des spielgestaltenden Sechsers und Verteidiger Hajdari bot sich immer wieder in vorgerückter Position im Mittelfeld an. Daniel Afriyie griff trotzdem vorne an und übernahm nicht wie üblich den gegnerischen Sechser: der Zugriff fehlte ihm aber. Da Lugano-Coach Croci-Torti zu Beginn das Trio Steffen / Aliseda / Mahou auf der Bank schonte, waren die Bianconeri sobald der Ball im Angriffsdrittel ankam, mit ihrem lombardischen Latein dann aber am Ende. Als die drei “Offensiv-Tenöre“ schlussendlich eingewechselt wurden, war die Partie beinahe schon entschieden. Dies vor allem auch dank zwei starken Assists des Zürcher MVP’s Adrian Guerrero. Neben Fabio Daprelà (bis zu dessen erneut verletzungsbedingter Auswechslung in der 50. Minute) und Antonio Marchesano war Guerrero einer von drei früher im Tessin aktiven FCZ-Protagonisten, die im Cornaredo eine gute Leistung ablieferten.

Offensiv magere Kost vom FCZ

Insgesamt war es eine der schlechtesten FCZ-Partien der bisherigen Saison. Nur das Heimspiel gegen St. Gallen (1:1) und die Cup-Partie in Tuggen (3:0) hatten eine minim schlechtere Züri Live-Durchschnittsnote. Die 1. Halbzeit war im Vergleich mit den letzten drei Partien gegen Stade Lausanne-Ouchy, Bellinzona und Servette zwar wieder etwas verbessert (Note: 6,1), in der 2. Halbzeit betrug der Notenschnitt dann aber gerade mal noch 5,0. Vor allem offensiv war es zusammen mit der Cup-Erstrundenpartie gegen Red Star der bisher schlechteste FCZ-Auftritt der Saison – gleich acht Spieler erhielten offensiv eine ungenügende bis schlechte Note. Dies obwohl man durchaus immer wieder für Übergewicht beim Spiel über die Seiten sorgte, indem sich Guerrero, Boranijasevic und Conceição manchmal alle auf die gleiche Seite verschoben – oder es wurde wie beim 0:1 gegen ein zentral massiertes Lugano erfolgreich mit Seitenwechseln gearbeitet.

Highlights – War ein Traumangriff

Personalien – Guerreros zweites Doppel-Assist

  • Nikola Boranijasevic: Erstmals diese Saison eine ungenügende 1. Halbzeit. Seine Kreise werden durch den vor ihm agierenden Rodrigo Conceição eingeengt, hat daher in Lugano Mühe, sich zu entfalten.
  • Yanick Brecher: Zum sechsten Mal in dieser Saison der defensiv beste Mann beim FCZ. Seine 2. Halbzeit ist allerdings ungenügend.
  • Lindrit Kamberi: Zwei Torbeteiligungen. Für einmal kein Positionswechsel nach der Wallner-Einwechslung, Kamberi bleibt auf halbrechts.
  • Rodrigo Conceição: Wie im Stadtderby bester FCZ-Spieler der 1. Halbzeit.
  • Adrian Guerrero: Zweites Doppel-Assist der Saison nach Stade Lausanne-Ouchy (auswärts). In den letzten drei Partien die tragende Säule in einer durchzogen auftretenden Mannschaft.
  • Cheikh Condé: Nach der längeren Verletzungsunterbrechung in der 2. Halbzeit (Pflege Steven Deanas) findet er den Tritt nicht mehr und baut stark ab.
  • Jonathan Okita: Schlechter Start in die Partie mit zwei Ballverlusten hintereinander. Hat aber seine zwischenzeitliche Torflaute überwunden – mit drei Toren in den letzten vier Partien.

Kommentare – Luganesi können Räume gut zumachen

Weitere Berichte

Telegramm (transfermarkt)

Telegramm und Statistiken (Eurosport)

Der FCZ findet gegen harmloses Lugano zum Siegen zurück (SRF)

Ein Schreckmoment und ein Sieg im Andenken an Raphael Dwamena (Tages-Anzeiger)

FCZ: Fans unterläuft Choreo-Panne in Lugano (nau.ch)

Zuerst Choreo-Fail, dann souveräner Auswärtssieg (Blick)

Lugano – FCZ (Südkurve)

Die „Letzi-kids“, mehr als eine Randnotiz / FCZ – Servette Analyse

GEGEN EIN SERVETTE IM AUFWIND BRAUCHT ES EINEN FCZ IM “SPITZENKAMPF-MODUS“ / FCZ – SERVETTE VORSCHAU (Züri Live)

Der FCZ weilt nach den Partien gegen Stade Lausanne-Ouchy und in Bellinzona weiterhin in einer leichten Baisse. Servette holt hingegen in der Liga den fünften Sieg in Serie und schliesst zur Ligaspitze auf. Das Tempo der Partie ist speziell in der 1. Halbzeit noch höher, als beim FCZ-Auswärtsduell zuletzt in Bern. Servette spielt schnell, präzis und mit hoher Laufbereitschaft. Beide Teams agieren viel durch die Mitte, wobei dies die Gäste aus der Calvinstadt besser hinkriegen. Die kleinen Unpräzisionen, die sich beim FCZ unter Druck einschleichen, machen hingegen die Differenz zum Gegner. Die Zürcher können auch mit der Energie, mit welcher Bedia, Stevanovic und Co. in die Zweikämpfe gehen, in der 1 Halbzeit nicht mithalten. Nach dem schlechten ersten FCZ-Durchgang schaltet Servette nach der Pause etwas zurück, der FCZ kommt zu einer Reihe von vielversprechenden Szenen über die Seiten zwischen der 50. und 60. Minute. In diese FCZ-Druckphase hinein fällt dann aber das 0:2 für die Grenats: die FCZ-Hintermannschaft war dabei nach einem abgewehrten Stevanovic-Eckball nicht gut und einheitlich hinten herausgerückt.

Auch die Brechstange bringt nicht den Durchbruch

Gegen ein über weite Strecken aggressiv pressendes Servette agierte der FCZ logischerweise mit einem 10er (Bledian Krasniqi) hinter einer Doppelspitze, um die entstehende Tiefe zu nutzen. Kein FCZ-Akteur vermochte aber eine konstante Leistung über die ganzen 90 Minuten hinzulegen. Lindrit Kamberi stand symbolisch für eine insgesamt schlechte 1. Halbzeit in welcher Servette das Tempo vorgab. Einem Rückstand hinterherzulaufen, ist sich der FCZ diese Saison bisher kaum gewohnt gewesen. Zum Ende der Partie hin versuchte es Coach Bo Henriksen ungewöhnlicherweise mit der Brechstange. Mirlind Kryeziu verschob sich in den Sturm und man agierte in einem 2-4-4, konnte sich aber bei den hohen Bällen vorne nicht durchsetzen. In der 31. Minute hatte man Pech gehabt, dass Ref Sven Wolfensberger das klare und entscheidende Foulspiel (am Trikot zurückreissen in der Luft) von Keigo Tsunemoto an Bledian Krasniqi, der allein vor dem Servette-Tor zum Kopfball gekommen wäre, nicht mit dem fälligen Penalty geahndet hat – und VAR Johannes von Mandach auch nicht eingriff.

Highlights – Rouiller wurde alleingelassen

Personalien – FCZ-Toptorschütze Jonathan Okita mit keinem einzigen Abschluss

  • Ifeanyi Mathew: Schlechte Deckungsarbeit bei Cornern. Hat seinen Gegenspieler David Douline nicht im Griff.
  • Yanick Brecher: Zum vierten Mal in dieser Saison bester FCZ-Spieler der 1. Halbzeit, zum dritten Mal gegen einen Gegner aus der französischsprachigen Schweiz.
  • Lindrit Kamberi: Steht mit seiner völlig missratenen 1. Halbzeit symbolisch für die ganze Mannschaft. Das zweite Gegentor kann man ihm hingegen nicht ankreiden.
  • Rodrigo Conceição: Löst Nikola Boranijasevic als häufigster Flankengeber ab.
  • Adrian Guerrero: Kommt nach seiner kleinen Verletzungspause immer besser in Fahrt. Erstmals diese Saison MVP, offensiv Bester und Bester 2. Halbzeit.
  • Armstrong Oko-Flex: Fehlerfreier Auftritt als Joker, aber ohne wesentliche Wirkung.
  • Jonathan Okita: Schlechter Start in die 2. Halbzeit. Der FCZ-Toptorschütze kommt in der ganzen Partie zu keinem einzigen Abschluss.

Kommentare – Weiler wusste schon immer wie gegen den FCZ zu gewinnen

Die LetziKids – mehr als eine Randnotiz

Weitere Berichte

Telegramm (transfermarkt)

Telegramm und Statistiken (Sofascore)

Mieses Wetter – mieser FCZ-Abend (Blick)

FCZ – Servette (Südkurve)

Eine gute Halbzeit und viele Mankos / ACB – FCZ Analyse mit Randnotizen

BRECHER ODER KOSTADINOVIC? / ACB – FCZ VORSCHAU (Züri Live)

Im Gegensatz zu den Vorjahren, als der FCZ gegen Chiasso, Yverdon und Lausanne-Sport drei Mal hintereinander gegen unterklassige Gegner frühzeitig aus dem Cup ausgeschieden ist, schafft er diesmal in Bellinzona den Einzug in den Viertelfinal gegen Winterthur. Nach dem 1:1 zu Hause gegen Stade Lausanne-Ouchy ist der Auftritt im Tessin erneut nicht ganz stilsicher. In der 2. Halbzeit ist der FCZ zwar klar die bessere Mannschaft, aber davor und danach lässt er dem Gegner zu viele Chancen, den Weg für eine Überraschung frei zu machen. Bei der von vielen Trainerwechseln geprägten ACB zeigten die beiden ehemaligen FCZ-Junioren Ilan Sauter und Stephan Seiler einen motivierten Auftritt. Das individuell defensiv auch für Challenge League-Verhältnisse eher mässig besetzte Bellinzona baute im Spiel ohne Ball wenig überraschend auf das Kollektiv – symbolisiert durch die beiden Rettungsaktionen von Rodrigues und Mihajlovic gegen Okita und Conceição knapp vor der Torlinie. Auf diese Art und Weise haben die Tessiner zuletzt auch in der Liga einen Aufschwung erlebt.

Jonathan Okita und die doppelte 93. Minute

Der FCZ setzt Bellinzona von Beginn weg mit Pressing unter Druck, schwankt dann aber in Ballbesitz zwischen Übermotivation und fehlender Zielstrebigkeit, unter anderem auch bei Standards, bei welchen häufig das Timing der Zielspieler nicht stimmt. Trotzdem ist die Leistung klar besser, als noch in den ersten beiden Cup-Duellen mit Red Star und Tuggen – was auch notwendig ist. Der FC Zürich stellt die Passwege über die Seiten zu, um den wiedererstarkten Matteo Tosetti mit seinen gefährlichen Flanken erfolgreich aus dem Spiel zu nehmen. Selbst greift der FCZ hingegen viel über die Seiten an und schlägt eine für diese Saison rekordhohe Anzahl an Flanken (auch pro 90 Minuten gemessen). Bellinzona hat in der 1. Halbzeit eine gute Präsenz, kann die wenigen grossen Fehler beim FCZ aber nicht zu seinen Gunsten nutzen.

In der 2. Halbzeit zieht sich das Team des neuen Coaches Manuel Benevento noch deutlich stärker zurück, und wird vom FCZ phasenweise beinahe erdrückt. Ein klares Handspiel im eigenen Strafraum von Routinier Dragan Mihajlovic in der 68. Minute wird von Ref Tschudi aber nicht gepfiffen – und der FCZ vergibt beste Tormöglichkeiten zur vorzeitigen Entscheidung. So muss eine eher etwas glücklich zustande gekommene Strafraumsituation durch einen Abstauber Jonathan Okitas in der zweiten 93. Minute (dritte Minute der Verlängerung) als Siegtreffer hinhalten – nachdem derselbe Okita in der ersten 93. Minute (Nachspielzeit der regulären Spielzeit) noch die Entscheidung verpasst hatte. Nach dieser FCZ-Führung übernahm sofort Bellinzona das Kommando und ging deutlich mehr Risiken ein. Der FCZ konnte den gleichen Schalter hingegen entweder nicht finden, oder nicht umlegen – und kam so nochmal ins Schwitzen, auch weil alle in der 2. Halbzeit eingewechselten Spieler (Mathew, Okita, Marchesano) in der Verlängerung abbauten.

Highlights – Katic wieder mit einem Fehlpass

Personalien – Oko-Flex solid, aber unauffällig

  • Ifeanyi Mathew: Kompletter Blackout in der Verlängerung, Note „1“ in dieser Phase – speziell im Spiel ohne Ball abgetaucht.
  • Yanick Brecher: Bereits zum fünften Mal in dieser Saison defensiv Bester beim FCZ.
  • Nikola Katic: Nach zwischenzeitlich drei Leistungen im positiven Bereich nun wieder die zweite ungenügende Note in Folge. Seine individuellen Fehler in der 1. Halbzeit hätten den FCZ teuer zu stehen kommen können – und auch in der letzten Minute der Verlängerung hebt er erst das Offside auf und köpft dann auch noch rückwärts im eigenen Strafraum auf Gegenspieler Dieye.
  • Daniel Afriyie: Im ersten Viertel der Partie der Beste beim FCZ, dann kontinuierlich abwärts zeigende Leistungskurve. Neben Marchesano und Kamberi aber ein weiterer nicht allzu gross gewachsener Spieler, der wuchtig und präzis köpfen kann.
  • Adrian Guerrero: Schlägt auch in Bedrängnis starke Flanken. Wie in Genf Bester in der guten 2. Halbzeit des FCZ.
  • Nikola Boranijasevic: Gegenteilige Leistungskurve zu Afriyie: startet schlecht und steigert sich spürbar.
  • Armstrong Oko-Flex: Erhält eine Chance in der Startformation, ist aber in der 1. Halbzeit an keiner Torchance beteiligt.
  • Jonathan Okita: Scheint als Joker zu funktionieren. Kommt nach seiner Einwechslung sofort sehr gut in die Partie. Erstmals in dieser Saison bester FCZ-Offensivspieler. Baut nach seinem Tor in der Verlängerung aber stark ab.

Kommentare – Tosettis Standards eine der grossen Waffen

Randnotiz – Schlechte Verteidigungsarbeit in der Verlängerung

Weitere Berichte

Telegramm (transfermarkt)

Liveticker (sport.de)

Der FC Zürich gewinnt gegen Bellinzona in der Verlängerung 1:0 (Züri Today)

Okita erlöst den FCZ erst in der Verlängerung – Sion problemlos (SRF)

Beim Tessiner Chaos-Club: FCZ beendet eine peinliche Serie (Tages-Anzeiger)

Der FC Zürich setzt sich mit viel Mühe gegen Bellinzona durch (SRF Video)

FCZ – SLO (Südkurve)

Abweichen vom üblichen Gameplan wird prompt bestraft / FCZ – SLO Analyse mit Randnotizen

NEUES SLO-MITTELFELDZENTRUM ALS ERFOLGSFAKTOR / FCZ – SLO VORSCHAU (Züri Live)

Erstmals weicht der FCZ von seinem erfolgreichen Gameplan der letzten Wochen ab und startet nicht Vollgas in die 1. Halbzeit – prompt geht man dann auch erstmals in Rückstand. Zuvor hatte der FC Zürich in dieser Saison unter Bo Henriksen jeweils viel Energie in die 1. Halbzeit gesteckt und ist damit trotz folgerichtigem Nachlassen gegen Ende der Partie jeweils gut gefahren. Dass es nach dem Abweichen vom Erfolgsrezept wenigstens noch zu einem Heim-Unentschieden gegen Aufsteiger Stade Lausanne-Ouchy reichte, hatte man unter anderem Florian Danho zu verdanken, der nach individuellen Fehlern von Nikola Katic und Ifeanyi Mathew zwei Mal mutterseelenallein vor FCZ-Keeper Brecher den Ausbau der SLO-Führung verpasste. Auf der Gegenseite profitierte der FCZ zudem gegen die Lausanner erneut von einem ungeschickten Einsteigen im eigenen Strafraum, diesmal vom agilen Offensivspieler Elyes Mahmoud gegen Antonio Marchesano. In der ersten Begegnung der Saison auf der Pontaise war es ein Klammern von Sahmkou Camara gegen Fabio Daprelà gewesen. Beide Male verwertete Jonathan Okita souverän zum ersten FCZ-Tor des Spiels. Es waren die beiden einzigen FCZ-Penaltys in der Liga bisher.

In der 1. Halbzeit kommt zu wenig vom FCZ

Das von wirbligen, spielstarken Figuren wie Ajdini, Mahmoud, Gharbi, Qarri oder Akichi geprägte Stade Lausanne-Ouchy trat im Letzigrund von der 1. Minute an erstaunlich kampfstark und diszipliniert auf. Speziell auf die Zweiten Bälle gingen die ohne nominelle Aussenverteidiger angereisten Waadtländer (ausschliesslich gelernte Innenverteidiger in der Viererkette) sehr aggressiv und waren taktisch gut auf den Gegner eingestellt. Die Standards verteidigte das Team von Coach Anthony Braizat zudem ausgezeichnet. Während Stade Lausanne-Ouchy in der 1. Halbzeit meist nach vorne verteidigte, zog sich das Auswärtsteam in der 2. Halbzeit beim Stand von 1:1 vorwiegend in die eigene Platzhälfte zurück. Nachdem SLO in den ersten 45 Minuten kaum eine FCZ-Möglichkeit zugelassen hatte, kam der FCZ so nun zu Torchancen im Zweiminutentakt. Zum Siegtreffer reichte es aber trotz 57% Ballbesitz und Erwarteten Toren von 1,74 : 0,43 nicht mehr.

Das Heimspiel gegen Stade Lausanne-Ouchy bestätigt die Probleme, welche der FCZ aktuell zu Hause im Letzigrund hat. Seit den beiden gut benoteten Auftaktsiegen gegen Yverdon und Lugano spielt der FC Zürich im Letzigrund (St. Gallen, GC, Winterthur) konsequent schlechter als auswärts (SLO, Basel, Lausanne-Sport, YB. Luzern). Dies vor allem wegen der bisher schlechtesten 1. Halbzeit der Saison (Durchschnittsnote der Mannschaft: 5,4). Trotz Steigerung im zweiten Durchgang war die Offensivleistung insgesamt mit einem Schnitt von ebenfalls 5,4 genauso die schlechteste der bisherigen Liga-Saison. Defensiv war der Auftritt abgesehen von drei, vier groben individuellen Schnitzern gut. Die unter dem ehemaligen Coach Magnin noch häufigen Weitschussgegentore sind unter Bo Henriksen selten geworden, der Führungstreffer Gharbis aus der Distanz, bei welchem Condé etwas passiv störte, ist eine Ausnahme. Auffällig, dass eher feingliedrige Feldspieler wie Marchesano, Wallner und Kamberi beim FCZ die besten Noten (7) erhielten. Dies sicherlich auch deshalb, weil die Mehrheit der Gegenspieler eher leichtgewichtig waren.

Personalien – Unnötige Spielchen von Okita

  • Rodrigo Conceição: Erst in der 61. Minute die erste Chancenbeteiligung. Agiert auf drei verschiedenen Positionen: erst Linker Aussenläufer, denn Rechter Flügelstürmer (die erste Aktion auf der neuen Position misslang dem Portugiesen gleich), am Ende Linker Flügel.
  • Antonio Marchesano: Kommt offensiv nicht ins Spiel. SLO ist gut auf ihn eingestellt und antizipiert seine direkten Pässe Richtung Tor. Wechselt in der 72. Minute vom Rechten Flügel ins Offensivzentrum.
  • Fabio Daprelà: Kriegt bei einem SLO-Corner in der 12. Minute von Gegenspieler Lucas Pos einen Schlag ins Gesicht und muss letztendlich in der 31. Minute ausgewechselt werden.
  • Daniel Afriyie: Hat grosse Mühe mit dem Rücken zum Tor, Bälle zu halten, kommt in diesen Situationen häufig zu Fall (teilweise ungeahndete Fouls, aber Afriyie fällt auch schnell). Erst nach einer Stunde die erste Chancenbeteiligung und eigene Torchance.
  • Silvan Wallner: Ersetzt Fabio Daprelà in der 31. Minute und ist sofort da, zeigt in der Viertelstunde bis zur Pause eine sehr gute Leistung.
  • Nikola Boranijasevic: Nach einer Offensiv-Note ’10‘ in Bern kommt gegen SLO im Spiel mit Ball wenig vom Serben. Erst in der 62. Minute hat er seine erste Chancenbeteiligung.
  • Cheikh Condé: Nach dem Auswärts-2:2 in Basel zum zweiten Mal defensiv bester Zürcher. Im Spiel mit Ball gegen Stade Lausanne-Ouchy hingegen zu nonchalant.
  • Jonathan Okita: Zu Beginn viele Alibiaktionen und unnötige Spielchen. An ihm zeigt sich am stärksten der falsche Ansatz, mit dem der FCZ in die Partie gegangen ist. Sorgt mit wiederholtem Setzen des Balles viel zu weit ausserhalb des Viertelkreises bei der Ausführung eines Eckballes (bei 0:1-Rückstand) für Zeitverzögerungen und Unruhe, bringt dabei Mitspieler Afriyie unnötig in Gefahr (Akichi versucht mit einer Schauspieleinlage einen Platzverweis gegen den FCZ-Stürmer zu erwirken).

Randnotiz I – Torschütze Gharbi mit Top-Marktwert

Auf transfermarkt.ch ist der Marktwert von Stade Lausanne-Ouchy (CHF 14,64 Mio) nur wenig tiefer als derjenige des FC Zürich (18.17 Mio). Dies liegt an Torschütze Ismaël Gharbi. Nur Ardon Jashari (Luzern) und Meschack Elia ( YB) haben in der Super League einen höheren Marktwert als der von PSG ausgeliehene spanische U19-Nationalspieler.

Randnotiz II – Katic verliert Danho aus den Augen

Weitere Berichte

Telegramm (transfermarkt)

Liveticker (sport.de)

Der FCZ kommt gegen Lausanne-Ouchy nicht über ein Unentschieden hinaus (sport.ch)

Zürich lässt gegen Lausanne-Ouchy federn (Bluewin)

FCZ lässt gegen Lausanne-Ouchy zwei Punkte liegen (SRF)

Der FCZ büsst für eine verschlafene erste Halbzeit (Landbote)

Der FCZ lässt gegen SLO Punkte liegen (Blick)

FC Zürich und Stade Lausanne-Ouchy trennen sich unentschieden 1:1 (Nau)

FCZ – SLO (Südkurve)

1 38 39 40 41 42 270